Formaldehyd

Formaldehyd

Formaldehyd ist eine "Allerweltchemikalie" und noch immer einer der häufigsten Schadstoffe in Innenräumen. Leider sind nicht nur in der Vergangenheit viele Menschen durch ausgasende Materialien krank geworden, sondern auch neu gekaufte "genormte" Spanplatten oder Möbel können Formaldehyd ausgasen und zu gesundheitlichen Problemen führen.

Formaldehyd ist eine organische Verbindung, die sich aus den chemischen Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff (HCHO) zusammensetzt. Sie ist äußerst reaktionsfähig. Bei der Anreicherung in der Luft ist es ein stechend riechendes Gas. Konzentrationsangaben für die Raumluftbelastung erfolgen in der Regel in ppm (parts per million). 1 ppm, also ein Teil Formaldehyd auf eine Million Teile Luft, entspricht 1,2 mg/m³ bzw. 1,0 ml/m³.

Formaldehyd taucht im täglichen Umfeld in den verschiedensten Produkten und Materialien auf. Es wird z.B. in Kleidung und Teppichen als Textilhilfsmittel verarbeitet und findet in Desinfektionsmitteln ebenso Verwendung wie in Kosmetika. Eine weitere Quelle ist Tabakrauch.

Verantwortlich für erhöhte Konzentrationen im Wohnbereich sind allerdings fast immer Spanplatten in Wänden, Fußböden und Möbeln, wo Formaldehyd in verschiedenen Verbindungen im Leimharz enthalten ist. Gebundenes Formaldehyd kann durch Reaktion mit Wasser aus der Luftfeuchtigkeit über Jahrzehnte freigesetzt und in gleichbleibender Größenordnung aus Spanplatten abgegeben werden!

Wie wirkt Formaldehyd auf den Menschen?

Formaldehyd hat einen stechenden Geruch und wirkt stark reizend auf die Augen sowie die Schleimhäute von Nase und Rachen. Bei erhöhten Konzentrationen in der Raumluft kommt es zunehmend zu Tränenfluss, Husten und Atemnot. Es können unterschiedliche Beschwerden von Unkonzentriertheit bis hin zu starken Kopfschmerzen und Übelkeit mit Brechreiz auftreten. Viele Betroffene klagen über Unbehagen.

Die Reizeffekte verschwinden, sobald die Formaldehyd-Exposition aufhört. Formaldehyd reichert sich im Gegensatz zu anderen schädlichen Chemikalien nicht im menschlichen Organismus an. Geruchs- und Reizeffekte sind individuell stark schwankend, d.h. die Menschen reagieren sehr unterschiedlich auf Formaldehyd.

Bei Hautkontakt mit wässrigen Formaldehydlösungen können allergische Kontaktdermatiden auftreten.
In Bezug auf eine krebserregende Wirkung wird Formaldehyd lt. Gefahrstoffverordnung "mit begründetem Verdacht auf krebserzeugendes Potential" ausgewiesen.

Wie kann man Formaldehyd messen?

Erhöhte Formaldehydkonzentrationen in der Raumluft sind durch einen beißenden Geruch des Reizgases zu erkennen. Zur Ermittlung von stark erhöhten Konzentrationen sind Messverfahren (z.B. Prüfröhrchen, Bio Check) erhältlich, die dem Fachmann das Auffinden von Quellen ermöglichen. Für Privatpersonen bringen diese Verfahren mangels Übung in der Anwendung wenig Hilfe und verunsichern meist noch mehr. Weitaus aussagekräftiger ist eine Luftmessung mit Passivsammler oder mit Probenahmepumpe.

Diese Methode ermöglicht eine genaue quantitative Analyse, die den Vergleich von gemessenen Konzentrationen mit Richt- und Grenzwerten zulässt. Wichtig ist in jedem Fall auch die Vorbereitung der Probenahme. Der zu messende Raum darf vor der Messung mindestens 8 Stunden nicht gelüftet werden.

Wie wird Formaldehyd beurteilt?

Im Bereich von Arbeitsplätzen, z.B. in einer Tischlerei, gilt die maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK-Wert) von 0,5 ppm. Der MAK-Wert ist bestimmt zum Schutz eines gesunden Arbeiters, der einer Belastung nur 8 Stunden ausgesetzt ist. Für Wohnräume gibt es jedoch keine festgelegten Grenzwerte. Hier halten sich sensible Personen sowie Kranke oder Kleinkinder aber bis zu 90 % des Tages auf. Das Bundesgesundheitsamt hat schon 1977 einen Maximalwert für die Formaldehydkonzentration in Innenräumen von 0,1 ppm vorgeschlagen, der auch unter ungünstigen Bedingungen nicht überschritten werden soll. Empfindliche Personen können schon bei weitaus geringeren Konzentrationen auf Formaldehyd reagieren. Deshalb ist ein "Vorsorgewert" von höchstens 0,05 ppm angemessen.

Spanplatten und Möbel werden nach Verfahren geprüft und gekennzeichnet, die in Prüfräumen gelten aber keine Sicherheit für Wohn- und Schlafräume bieten. So wird in Prüfkammern unter folgenden Bedingungen gemessen: "raumluftumspült, bei 23 °C und 45 % rel. Feuchte, bei einem Luftwechsel pro Stunde und mit einer Raumbeladung von 1, d.h. 1 m² Plattenoberfläche auf 1 m³ Raumvolumen". Die Bezeichnung "E 1" (Emissionsklasse 1 lt. Spanplattenrichtlinie) bietet keine Sicherheit! So ist es nicht verwunderlich, dass obwohl Spanplatten und Möbel unabhängig von sonstiger Qualität und Preis als "geprüft und formaldehydarm" verkauft werden - es aber regelmäßig zu starken Beschwerden bei den Käufern kommt. Benachteiligt sind hier insbesondere Kinder, die sicherlich die vorgenannten Zusammenhänge nicht kennen und die Ursachen z. B. für Augenreizungen, Hals- und Kopfschmerzen nicht lokalisieren können.

Wie kann eine Sanierung durchgeführt werden?

Die erfolgversprechendste Methode der Sanierung ist das Entfernen sämtlicher Formaldehydquellen aus dem Wohnbereich. So sollten z.B. aus Spanplatten hergestellte Möbel gegen Massivholzmöbel ausgetauscht werden. Ist dies nicht möglich, müssen die Oberflächen belasteter Platten abgedichtet werden. Dazu können offenliegende Sägeschnitte mit Umleimer abgeklebt und Bohrungen versiegelt werden. Die Wirkung von Schutzanstrichen ist sehr zweifelhaft. Sind ganze Wände aus emittierenden Spanplatten hergestellt, so können diese durch eine Dampfsprerre (z.B. Aluminiumfolie) zum Innenraum hin abgedichtet werden. Diese Vorgehensweise beeinflusst zwar durch die großflächige Abdichtung das Raumklima, ist aber wirkungsvoll und vergleichsweise kostengünstig.
Weiter ist auf die Verwendung von, im Wohnbereich sowieso überflüssigen, Desinfektionsmitteln zu verzichten. Gegen Formaldehyd aus Tabakrauch hilft nur das strikte Rauchverbot in Innenräumen.

Welche Alternativen zu Formaldehyd gibt es?

Oft kann auf einfache Weise die Verwendung formaldehydhaltiger Materialien und Produkte umgangen werden. Spanplatten können als Baustoff und in Möbeln durch massives Holz sowie Faser- oder Gipsplatten ersetzt werden. Ist die Verwendung von Spanplatten unumgänglich, so ist der Einsatz von melamin- oder phenolharzverleimten Spanplatten zu empfehlen, die verhältnismäßig wenig Formaldehyd abgeben. Vorsicht bei "formaldehydfreien" Spanplatten (die mit Sicherheit auch Leimharz enthalten), wenn Ihnen nichts über den eingesetzten Kleber bekannt ist.